· 

Novum und Krisensituation – Alarmstufe des Notfallplans Gas aktiviert

Bereits das Ausrufen der Frühwarnstufe des Notfallplans Gas am 30. März war ein Novum in der deutschen Geschichte. Nun hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 23. Juni die sogenannte Alarmstufe aktiviert, die zweite und vorletzte Stufe der Eskalationskaskade. Damit setzt die Bundesregierung ein deutliches Zeichen zum Ernst der Lage. Auch wenn die Versorgung momentan noch gesichert ist, zeichnen die neuesten Berechnungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) in nahezu allen Szenarien ein düsteres Bild für die Gasversorgung im kommenden Winter. Die deutlich reduzierten russischen Gaslieferungen lassen das Erreichen der erst kürzlich gesetzlich normierten Speicherfüllstände in weite Ferne rücken. Ob die Liefermengen wieder steigen oder gar völlig versiegen, liegt voraussichtlich allein im politischen Kalkül Moskaus. Begrenzte zusätzliche Lieferkapazitäten aus Norwegen und den Niederlanden, ein weltweiter Wettbewerb um Flüssiggas (LNG) und entsprechend knappe Tanker-Kapazitäten verschärfen die Lage. Angesichts der kritischen Situation auf der Versorgungsseite rückt auch die Verbraucherseite immer stärker in den Fokus. Einsparungen sind dringend notwendig. Die fehlenden Lieferungen werden nur durch eine deutliche Senkung des deutschen Gasverbrauchs auszugleichen sein. Sonst käme es zu einer ernsthaften Mangellage, die gravierende Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft hätte. Auf die Möglichkeit zur Weitergabe der höheren Beschaffungskosten an die Endkunden innerhalb bestehender Verträge (§ 24 Energiesicherungsgesetz) wurde hingegen vorerst verzichtet. Spätestens in der Notfallstufe wären aber Markteingriffe durch die BNetzA, beispielweise Vorgaben über Zuteilung, Bezug und Verwendung von Gas oder sogar ein Ausschluss vom Gasbezug die Folge. Gewerbliche Gaskunden wären als sogenannte "ungeschützte Kunden" als erstes von Kürzungen oder Abschaltungen betroffen. Umso wichtiger ist es jetzt, sich intensiv mit seinen betrieblichen Energieverbräuchen auseinanderzusetzen. Immerhin ist zur Abfederung des hohen Preisniveaus ein Entlastungsprogramm in Vorbereitung, das einen befristeten und eng umgrenzten Kostenzuschuss ohne Rückzahlungspflichten für besonders von Erdgas- und Strompreisanstiegen betroffene Unternehmen ermöglicht.

 

Autorin: Sabine Berger